Haus Hospiz

»Dem Gast ein selbst­bestimmtes Leben und ein würdiges Sterben zu ermöglichen, steht im Mittelpunkt der Begleitung im hospiz:brücke.«

Die Kraft der Musik

30.05.2023

Interview mit Stefan Heimers, der mit einem regelmäßigen Musikangebot in den Hospizen Sirius und Brücke die Gäste und Zugehörigen erfreut.

Alle 14 Tage kommt Stefan Heimers in die Hospize Brücke und Sirius und veranstaltet dort Liedernachmittage für die Gäste und ihre Zugehörigen. Mit seiner Gitarre platziert er sich in den Häusern so, dass seine Musik in allen Gastzimmern gut hörbar ist. Vorher stellt der 71-Jährige sich bei den Hospizgästen kurz persönlich vor. Diese können dann entscheiden, ob sie zuhören möchten.

Herr Heimers, viele Menschen haben Berührungsängste, wenn es um Sterben und Tod geht. Wie kommt es, dass Sie ausgerechnet in Hospizen Musik machen?
Meine Schwiegermutter ist in einem Hospiz verstorben. Sie hatte mich gebeten, dort für sie zu singen. Das war mein erster Kontakt mit einem Hospiz. Hospize sind wunderbare Einrichtungen. Es sind Orte, wo die Menschen in Ruhe und in liebevoller Gemeinschaft sterben können. Ich selbst hatte vor Jahren einen leichten Herzinfarkt und sah mich ganz plötzlich mit einer ernsten Krankheit konfrontiert.
Ich finde wichtig, dass gravierende und tiefe Themen nicht verdrängt werden. Dazu gehört für mich die Auseinandersetzung mit der eigenen Endlichkeit. Ich versuche mich meiner Angst zu stellen. Ich meditiere seit fast vierzig Jahren, bin immer mit inneren Themen beschäftigt.
Und ich habe gemerkt: Der Tod hat auch was Großes, er ist nicht nur schrecklich. Diese Erfahrung durfte ich bei meinem Vater machen.
Mit meinem Engagement in den Hospizen möchte ich außerdem der Stadt Bremen etwas zurückgeben, in der ich nun seit fünf Jahren lebe.

Seit wann bieten Sie die Liedernachmittage in den Hospizen an?
Im Hospiz Brücke gebe ich bereits seit ungefähr einem Jahr Liedernachmittage. Im Hospiz Sirius war ich letztes Jahr Weihnachten zum ersten Mal und habe plattdeutsche Weihnachtslieder gesungen.
Seitdem gehe ich regelmäßig alle 14 Tage in beide Hospize.
Ich bin noch dabei, für mein Musikangebot in den Hospizen eine Form zu entwickeln. Im Moment veranstalte ich allgemeine Liedernachmittage, die sich an alle richten. Ich kann mir außerdem gut vorstellen, für Einzelpersonen zu singen, wenn der Wunsch danach ist. Dafür würde ich auch extra kommen.

Was kann Musik gerade für schwerkranke Menschen bewirken?
Musik hat etwas sehr Unmittelbares, Öffnendes. Mit meinem Gesang erreiche ich eine tiefere Ebene. Beim Zuhören kann man den Kopf abschalten. Musik berührt ganz anders. Sie hilft den Menschen zu entspannen und zur Ruhe zu kommen.
Ich habe bei einem Gast, der schon recht weit im Sterbeprozess war, gesungen und erlebt, dass er plötzlich hellwach war und Freude gezeigt hat. Meine Absicht ist nicht, die Menschen zum Weinen zu bringen, aber wenn während meiner Musik Tränen fließen, dann empfinde ich das als positiv. Weinen ist wie von innen die Fenster putzen.
Mich macht glücklich, wenn ich dazu beitragen kann, den Gästen das Loslassen zu erleichtern.

Wie treffen Sie die Musikauswahl für Ihre Liedernachmittage im Hospiz?
Für die Hospize habe ich eine Mappe mit einer Liederauswahl, die ich nur dort benutze. Dabei achte ich auf eine eine Ausgewogenheit von tieferen Stücken und Stücken mit mehr Leichtigkeit.
Ich möchte mit meinen Liedern nicht zu viel an Emotionen vorgeben. Die Menschen sollen wählen können, ob sie bereit sind für ernste Lieder. Manchmal kann ich spüren, wie das jeweilige Bedürfnis der Zuhörenden ist und wähle danach meine Lieder aus.
Ich singe gerne deutsche Liedermacher wie Reinhard May oder Klaus Hoffmann. Auch englischsprachige Musik mag ich sehr, aber damit bin ich in den Hospizen zurückhaltender, da nicht alle die englische Sprache verstehen.
Manche Hospizgäste hören auf die Texte der Lieder, die ich vortrage. Die meisten reagieren vor allem auf die Melodie, auf das was neben dem Gesagten mit der Musik transportiert wird.